Herr Linden, Ihr Unternehmen unterstützt die erste Auflage des Forschungspreises des Großhandels finanziell und ideell. Sie sind spezialisiert auf die Digitalisierung des Zahlungsverkehrs und haben viel Erfahrung im Geschäft mit Endkunden und im eGovernment. Woher kommt Ihr Interesse an Forschung im Großhandel?
Ich war sehr verwundert darüber, dass der Forschungspreis der ForveG in diesem Jahr das erste Mal vergeben wird. Nicht, weil ich ihn nicht für wichtig halte, das Gegenteil ist der Fall. Es wundert mich aber, dass es ihn nicht schon viel länger gibt. Mit fast 1,7 Billionen Euro Jahresumsatz ist der Großhandelssektor um ein Vielfaches größer als der Einzelhandel, in dem viel geforscht wird. Die Rolle des Großhandels wird in der Öffentlichkeit massiv unterschätzt. Das ist nicht nur unverständlich, es ist angesichts der Rolle, die der Großhandel für Deutschland, aber auch in Europa spielt, auch fahrlässig. Forschungsbudgets für die strategische Weiterentwicklung des Großhandels müssen dringend erhöht werden, und dafür braucht es Aufmerksamkeit. Deutschland ist eine Handelsnation und braucht in seinem größten Handelssegment – dem Großhandel – mehr Innovation, um das auch zu bleiben.
Das erklärt nicht, warum sich ein Spezialist im digitalen Zahlungsverkehr für den Großhandel interessiert. Ist der Großhandel nicht eher eine Branche, die trotz E-Rechnung eher auf konservative Zahlungsprozesse setzt?
Das ist eine Fehleinschätzung. Es stimmt zwar, dass der Großhandel gänzlich andere Anforderungen an den Zahlungsverkehr hat. Doch seine Unternehmen haben das gleiche Interesse an der Hebung von Effizienzgewinnen und neuen Handlungsmöglichkeiten durch digitale Zahlverfahren, Rechnungslegung und dem effizienten Management von Zahlungszielen und Umlaufvermögen. Die Late-Payments-Verordnung der EU oder der digitale Euro werden zudem viel verändern. Viele unserer Kunden aus dem Großhandel haben das bereits verstanden. Die ganze Branche wird sich technologisch weiterentwickeln. Daran muss unsere Volkswirtschaft auch ein Interesse haben. Unser Unternehmen hat es in jedem Fall.
Ist es denn üblich, dass sich Unternehmen in Ihrem Umfeld für Forschung interessieren? E-Payment ist immerhin ein von Margen und Skalierung getriebenes Geschäftsfeld.
Ich möchte nicht für unsere Marktbegleiter sprechen. Aber wir haben natürlich ein Interesse an Innovation und als Teil der Volksbankengruppe auch eine Verantwortung. Wir beteiligen uns zum Beispiel an Lehrprojekten an der Universität Trier, von denen ich glaube, dass sowohl wir als auch die Studierenden sehr profitieren. Ich bin aber davon überzeugt, dass Unternehmen nicht nach besseren Bedingungen durch den Staat rufen können, ohne selbst dazu beizutragen. Technologieunternehmen und Mittelstand müssen selbst in Themen wie Technologieforschung investieren. Um Ihre Frage also zu beantworten: Ich bin stolz, dass mein Team und ich Projekte wie den Forschungspreis der ForveG unterstützen können. Ich denke aber auch, dass mehr Unternehmen mehr Engagement zeigen sollten.
